Dresdner Sezession 1932

Karin Müller-Kelwing

Die Dresdner Sezession 1932. Eine Künstlergruppe im Spannungsfeld von Kunst und Politik

Reihe Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 185, Georg Olms Verlag, Hildesheim (u.a.) 2010

Einen Schwerpunkt in meiner bisherigen kunsthistorischen Forschung bilden die Künstlergruppe Dresdner Sezession 1932 und deren Mitglieder, die das kulturelle Leben in Dresden Anfang der 1930er Jahre im Wesentlichen mitbestimmten – darunter Johannes Beutner, Herbert Ebersbach, Hermann Glöckner, Maj Hemberg, Joachim Heuer, Hans Jüchser, Edmund Kesting, Bernhard Kretzschmar, Wilhelm Lachnit, Erna Lincke, Lucie Prussog, Curt Querner und Hermann Theodor Richter. In dieser im Sommer 1932 gegründeten Gruppe fanden etwa 30 junge Künstler nach ihrer exzellenten handwerklichen und akademischen Ausbildung den nötigen ideellen Beistand und die praktische Hilfe bei der Suche ihrer individuellen Position auf dem Kunstmarkt. Die Dresdner Sezession 1932 gewährte ihnen künstlerische Freiheit und Unabhängigkeit. Darüber hinaus bot sie ihnen zumindest eine jährliche Ausstellungsmöglichkeit und damit eine Plattform für ihr künstlerisches Schaffen. Auch nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verteidigte die Dresdner Sezession 1932 mit ihrem kulturpolitischen Engagement die Interessen ihrer Mitglieder und deren freies künstlerisches Schaffen gegen die Ideologisierung der Kunst. Sie gab damit Halt in einer schweren, von Elend, Not und politischer Bevormundung geprägten Zeit. Außerdem gewährte sie die Möglichkeit des freien Meinungsaustausches. Doch aufgrund der Zeitumstände war der Gruppe nur eine kurze Existenz beschieden. Ihr Ziel, eine finanzielle Sicherheit für ihre Mitglieder zu erreichen, war nicht realisierbar. Der private Kunstmarkt war zusammengebrochen, Stadt und Staat konnten keine Kunst mehr fördern. Das „Dritte Reich“ bot eine Förderung nur gegen politische Konformität. Diese verweigerten die Sezessionisten hartnäckig. Zumindest bis 1936 bot sie ihren Mitgliedern öffentlichkeitswirksame Ausstellungen. Mehr war unter den Bedingungen der Diktatur nicht möglich. Dennoch bezeugt die Dresdner Sezession 1932 ein letztes, mutiges Aufbegehren der Dresdner Künstler im Nationalsozialismus. Ihr gehörten mehrheitlich starke Künstlerpersönlichkeiten an, die nicht an den äußeren Umständen zerbrachen. Vielmehr setzten sie ihren Weg unbeirrt fort. Obwohl sie sich stilistisch nur bedingt weiterentwickeln konnten, entstanden kraftvolle Werke, die sich der Ideologisierung der Kunst widersetzten. Um den Preis einer geringen Ausstellungspräsenz und eines Lebens in materieller Bescheidenheit, bewahrten sie sich die Unabhängigkeit ihres künstlerischen Schaffens, womit sie Vorbildwirkung auf die nachfolgenden Dresdner Künstlergenerationen hatten.